Sterbebegleitung bei Tieren

Am intensivsten
ist die Nähe
beim Abschied.

(H.J. Quadbeck-Seeger)

Die Sterbebegleitung ist ein ganz besonders emotionales Thema für einen Tierhalter. Gerade in dieser Phase fühlt man sich oft sehr hilflos. Will man doch einerseits sein Tier nicht verlieren, es andererseits aber auch nicht leiden lassen.

Vielleicht hilft es, dieses Thema mal etwas anders zu beleuchten als wir es in unserer Kultur heutzutage sonst tun.

Zuerst einmal muss man feststellen, dass Sterben keine Krankheit ist. Im Gegenteil!
Es ist ein ganz normaler Vorgang, der das Ende sterbebegleitung01des physischen Lebens wie wir es jetzt kennen, bedeutet. Genau so wie die Zeugung bzw die Geburt den Beginn des physischen Lebens bedeutet. Und Mutter Natur macht nichts ohne Grund!

Wir alle wissen nicht, wie es nach dem Tod weiter geht. Aus diesem Grunde wissen wir auch nicht, warum der Sterbeprozess so ist, wie er ist. Wenn man aber die Entwicklung eines Lebewesens verfolgt, beginnend bei der Zeugung, dann sieht man, dass alles einem bestimmten Verlauf folgt und so gehört auch das Sterben mit all seinen Prozessen zu diesem Leben und auch zu der Entwicklung. Wenn man diesen Gedanken zugrunde legt, ist also der natürliche Tod mit dem davor verlaufenden Sterbeprozess ein Teil einer Entwicklung und sollte, wenn möglich, auch völlig natürlich durchlebt werden, ohne dass er unterbrochen oder vorzeitig beendet wird.

Leider gibt es unterschiedliche Gründe, warum dies manchmal nicht möglich ist.

Manchmal benötigt ein Tier zb eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung in der Endphase und der Tierhalter kann dies aus beruflichen oder emotionalen Gründen vielleicht nicht umsetzen.  In solchen Fällen kann man sein geliebtes Tier vielleicht nicht bis zum Ende begleiten – aber man kann einen großen Teil dieses Weges vielleicht mit ihm gehen und seinem Tier vielleicht eine benötigte Zeit geben, sich von allem zu verabschieden.

Oft glauben Tierhalter auch, diese Zeit nicht ertragen zu können. Dabei kann es eine absolut wertvolle und auch wundervolle Erfahrung in all dem Schmerz des Verlustes sein, wenn man sein geliebtes Tier in absolutem Frieden und Einklang und in einer Atmosphäre voller Liebe auf einem letzten Teil dieses Lebensweges begleiten kann. Diese letzte Phase kann man so bewusst erleben, dass die Gefühle besonders intensiv empfunden werden und man sich daran nach dem Tod des Tieres in Liebe erinnern kann.

Sollte man sich jedoch nach reiflicher Überlegung entscheiden, aus welchem Grunde auch immer, das Tier einschläfern zu lassen, dann sollte man dies bewusst tun und sollte für sich selbst und für sein Tier diese Entscheidung als die bessere sehen.

Man sollte dann seinen Tierarzt bitten, die Einschläferung in der gewohnten Umgebung und ohne Stress für das Tier durchzuführen.

Die Sterbebegleitung bedeutet eine Palliation des sterbenden Tieres, um mögliche Beschwerden in dieser letzten Phase zu lindern. Zu diesen Beschwerden können Unruhezustände, Atemnot, Krämpfe und Schmerzen gehören.

Wenn man diese Beschwerden mit ausgewählten homöopathischen Mitteln oder anderen Medikamenten lindern kann und das Tier nicht leidet, dann kann man versuchen, diesen Weg mit seinem Tier und einem begleitenden Therapeuten (Tierarzt und/oder Tierheilpraktiker) gemeinsam zu gehen.

Das Sterben

Wann genau der Sterbeprozess beginnt, kann man oft nicht erkennen. Aber wenn er einmal begonnen hat, ist er nicht mehr zu stoppen. Er kann sich über mehrere Stunden, aber durchaus auch über mehrere Tage, Wochen oder Monate hinziehen.

sterbebegleitung02In dieser Zeit stellen die Organe nach und nach ihre Aktivität ein. Es beginnt oft damit, dass das kranke Tier nichts mehr fressen und saufen will. Hiermit leitet der oft schon lange chronisch kranke Körper häufig die Sterbephase ein, um sich das Sterben zu erleichtern. Das Tier verhungert oder verdurstet nicht in dem Sinne, wie es bei einem gesunden Tier der Fall wäre, denn ein Organismus in der Sterbephase hat einfach keine lebenserhaltenden Bedürfnisse.

Wenn der Organismus mit zu wenig Flüssigkeit versorgt ist, dann wird durch körpereigene Opiate die Wahrnehmung eingeschränkt. Schmerz wird dann oft nicht mehr in der Intensität wahrgenommen, das Tier wird ruhiger und zieht sich zurück.

Wenn in diesen Fällen eine intravenöse oder subkutane Zufuhr von Nährstoffen und/oder Flüssigkeit erfolgt, erschwert und verlängert es den Sterbeprozess unnötig, denn der Körper ist nicht mehr in der Lage, das Wasser oder die Nahrung zu verwerten und adäquat auszuscheiden. In Folge dessen können dann Ödeme entstehen oder das Tier bekommt Koliken oder Durchfälle.

Die Entscheidungsterbebegleitung03

Vielen Tierhaltern fällt ganz besonders auch die Entscheidung schwer, das Tier einschläfern zu lassen. Sie fühlen sich dann schuldig am Tod des Tieres, denn mit der Entscheidung tragen sie ja die Verantwortung dafür – und haben Angst, falsch zu entscheiden. Oft heisst es, dass man sich „wie ein Mörder vorkommt“.

Man MUSS ein Tier nicht einschläfern lassen – wenn man die Kraft hat, dann kann man es liebevoll in der letzten Phase begleiten. Aber wenn man merkt, dass man die Situation so nicht ertragen kann, wenn die Unsicherheit zu groß ist, wenn man Angst vor dem Leid des Tieres in dieser Phase hat, dann ist es oft hilfreich, sich einen Therapeuten an die Seite zu stellen.

Jemanden, der „von aussen“ die Lage unabhängig und nicht selbst betroffen mit beurteilt und den Tierhalter unterstützt. Leider sind Freunde und Angehörige oft nicht geeignet, weil sie ihre eigene Meinung haben, ihnen aber oft das Fachwissen fehlt und sie dann den Halter des sterbenden Tieres verunsichern oder sogar auch unter Druck setzen.

Denn oft ist es ganz einfach die Unwissenheit um diesen Sterbeprozess und das Tabuthema „Tod und Sterben“, was die Entscheidung so schwer macht.

Die Entscheidung muss für alle Beteiligten die richtige und passende sein. Und sie ist auch immer von der jeweiligen Situation abhängig. Deswegen kann man auch nicht pauschal zum natürlichen Tod oder zum Einschläfern raten.

Wichtig ist einfach zu wissen, dass für das Tier nicht wie bei uns Menschen die Gedanken um das „was kommt danach“ oder „was passiert mit meinen Angehörigen, wenn ich tot bin“ und Ähnliches im Vordergrund stehen.

Jedoch fällt es einem Tier oft schwer, loszulassen, wenn es erlebt, wie sehr der geliebte Mensch leidet und wenn um das Tier herum eine Atmosphäre von Angst und Unruhe herrscht.

Um in Frieden gehen zu können, müssen die Menschen es gehen lassen! Und das gilt für den natürlichen Tod ebenso wie für das Einschläfern.

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Mein Rat, wenn Sie vor dieser Entscheidung stehen:

  1. Suchen Sie sich einen Begleiter an Ihrer Seite, der Sie unterstützt. Das kann Ihr Tierarzt oder Tierheilpraktiker sein, aber auch ein Freund der Familie. Solange der Freund einen nicht beeinflussen will, sondern den gewählten Weg unterstützt, kann er sehr hilfreich sein. Dort kann man sich mal fallen lassen und ausweinen und natürlich auch Kraft tanken.
  2. Schaffen Sie eine Atmosphäre von Ruhe und Liebe. Richten Sie den Raum etwas ruhig her, dunkeln Sie ihn vielleicht etwas ab, entfernen Sie Telefone und andere störende Geräuschquellen. Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie können und versuchen Sie, trotz all dem Schmerz um den baldigen Verlust Ihres Lieblings, diese Zeit zu geniessen. Sie ist ganz besonders kostbar.
  3. Legen Sie sich die Telefonnummer Ihres Tierarztes und/oder Tierheilpraktikers zurecht. Klären Sie jedoch auch bereits im Vorfeld die Erreichbarkeit ab.
  4. Setzen Sie sich damit auseinander, dass Ihr Tier sich auf die letzte Reise begibt und nehmen Sie diesen Gedanken an und schliessen Ihren Frieden damit. Reden Sie mit Ihrem Tier und zeigen ihm, dass Sie bei ihm sind und das Sie ruhig sind. Diese Ruhe wird sich auf ihr Tier übertragen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen all die Kraft und Liebe, die Sie jetzt bei diesem Weg mit Ihrem Tier brauchen!

Claudia Taubert